Deutsch
Aus zwei Gründen möchten die Deutsch-Lehrer der Freien Interkulturellen Waldorfschule Berlin den ihr anvertrauten Kindern ein möglichst schönes und vielseitiges Deutsch beibringen: Einerseits, weil sie damit ein natürliches Interesse des Kindes vertreten, andererseits, weil sie sich selbst für Schönheit und Präzision der deutschen Sprache begeistern. Ausdrücklich urteilt die Freie Interkulturelle Waldorfschule Berlin nicht darüber, ob auch „die Gesellschaft“ von den Kindern die deutsche Sprache fordern muss. Sie unterrichten Deutsch niemals deshalb, weil politische, wirtschaftliche oder kulturelle Interessenverbände es für ihre eigenen Zwecke glauben fordern zu müssen. Wo die natürlichen Interessen des Kindes in einen Konflikt mit solchen ganz anders gearteten Absichten geraten, welche die tatsächliche Entwicklung des Kindes behindern, treten die Lehrer vielmehr kompromisslos für die Interessen des Kindes ein.
Kein Kind muss zum Erlernen der deutschen Sprache gezwungen werden. Das Kind will vielmehr von sich aus in die deutsche Sprache hineinwachsen, sobald es nur erst unbefangen in diese eintauchen darf. Wo sich die deutsche Sprache jedoch mit einer Drohgebärde gegen das Kind verbindet, etwa, indem die Sprachfähigkeit des Kindes bloß deshalb auf die Probe gestellt wird, um die einen fortkommen, die anderen „sitzenbleiben“ zu lassen, wird das Kind von der deutschen Sprache abgestoßen. Es spricht dann häufig auch als Erwachsener nur ein halbherziges, ausdrucksarmes Deutsch. Warum also soll die deutsche Sprache als Begründung dafür herhalten, den weiteren Bildungsweg abzuschneiden und so das Kind für ein Leben lang zu behindern? Wieso soll ein Kind, das noch kein Deutsch spricht, z.B. Mathematik nicht in seiner eigenen Sprache erlernen dürfen? Wird die deutsche Sprache nicht als Mittel der Ausgrenzung missbraucht, sondern dem Kind als ehrliches Angebot entgegengebracht, während es gleichzeitig auch alle anderen Fähigkeiten ausbilden darf, dann wird sich das Kind erfahrungsgemäß tief mit der deutschen Sprache verbinden.
In der Freien Interkulturellen Waldorfschule Berlin ist die deutsche Sprache deshalb keine Zugangsvoraussetzung, sondern ein Angebot neben vielen -gerade weil die Lehrer dieser Schule ein besonderes Interesse an der deutschen Sprache haben. Sie sind der Auffassung, dass die deutsche Sprache die freie und ehrliche Zuwendung der Kinder verdient und für den eigenen langfristigen Erhalt auch braucht. Aus diesem Grund verzichtet die Freie Interkulturelle Waldorfschule Berlin auf Notendruck und bemüht sich stattdessen dem natürlichen Interesse, das jedes Kind am ersten Schultag mitbringt, täglich neue Nahrung zu geben. Entwickelt sich die Sprachfähigkeit eines Schülers nicht wie erhofft, steht auf dieser Schule nicht primär das Recht des Schülers auf Teilhabe am Bildungsweg in Frage, sondern die Methode seines Lehrers. Aufgrund des Notenverzichts ist der Lehrer darauf angewiesen, stets diejenigen Mittel zu finden, die tatsächlich dazu führen, dass das Kind die Sprache von sich aus wirklich ergreift.